Der neue AK auf Bundesebene: Furchtlos immer, rückwärts nimmer!

vorwärts – Interview mit den beiden Vorsitzenden Carmen Wegge und Sabine Smentek

In der Rubrik „Parteileben“ interviewt der stellvertretende Chefredakteur Kai Döring die neuen Vorsitzenden des AK „Säkularität und Humanismus“ – die Bundestagsabgeordnete Carmen Wegge aus Oberbayern und Sabine Smentek, ehemalige Bezirksstadträtin Berlin-Mitte und Staatssekretärin für Informations- und Kommunikationstechnologie der Berliner Senatsverwaltung.

Beide verweisen gegenüber dem vorwärts auf die Wichtigkeit einer Vertretung säkularer und humanistischer Interessen in der SPD, dies über „nackte Zahlen“ hinaus, da sich die weltanschaulichen sozialen Realitäten geändert haben. Vor einer solchen gleichberechtigten Vertretung brauche keiner Angst haben.

Der neu gegründete AK soll den Parteivorstand hinsichtlich säkularer Themen beraten, etwa bezüglich der gesetzlichen Neugestaltung der Sterbehilfe, dem kirchlichen Arbeitsrecht und der Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen.

Dabei soll die Arbeit im Austausch mit den anderen Arbeitskreisen und der Partei kritisch wie konstruktiv gestaltet werden. Sabine Smentek betont die „Notwendigkeit, in der SPD eine Anlaufstelle für Menschen zu haben, die sich keinem Glauben zugehörig fühlen“.

Carmen Wegge stellt sich die Frage „welche Privilegien Kirchen noch genießen sollten, wenn die Mehrheit der Bevölkerung nicht mehr bei ihnen Mitglied ist“ und dass andere Insitutionen, die Werte vermitteln, an Bedeutung gewonnen haben.

26. November: Säkulares Doppel in Leipzig – Bundestreffen und AKHS-Veranstaltung

Am Samstag den 26. November veranstaltet das Netzwerk der Säkularen Sozis sein Bundestreffen in Leipzig. Mit einem Vortrag des Religionssoziologen Prof. Gert Pickel soll die Säkulare Szene in Deutschland genauer betrachtet werden. Wer sind Säkulare und wie sind sie in Deutschland organisiert? Außerdem wird das kirchliche Sonderarbeitsrecht erneut zur Debatte stehen. Unter der Moderation von Daniela Kolbe wird Edda Busse von der Mitarbeitendenvertretungen der Diakonie die besonderen Arbeitsbedingungen unter den kirchlichen Loyalitätsobligenheiten schildern.

Im Anschluss an das Treffen findet um die erste Veranstaltung des AK Säkularität und Humanismus der Bundes-SPD statt. Bei der divers besetzten Podiumsdiskussion geht es um die Ablösung der altrechtlichen Staatsleistungen an die Kirchen. Wie kann dem Verfassungsauftrag endlich Genüge getan werden? Die Moderatorin Dr. Lale Akgün diskutiert mit Karin Kortmann vom AK-Christen in der SPD, dem Religionswissenschaftler Prof. Horst Junginger, Philipp Möller vom Zentralrat der Konfessionsfreien, Markus Kasseckert vom Bund der Steuerzahler und Johann-Albrecht Haupt von der Humanistischen Union.

Ort: Galerie KUB, Forum für zeitbasierte Kunst und politische Kultur
Kantstr. 18, 04275 Leipzig

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AK „Säkularität und Humanismus“ der SPD in Berlin gegründet – Habemus Arbeitskreis!

Der vom SPD-Parteivorstand eingesetzte Arbeitskreis Säkularität und Humanismus hat sich nun konstituiert und als seine Sprecherinnen Carmen Wegge MdB (wegen Corona-Erkrankung zugeschaltet) und Sabine Smentek gewählt. In der von Generalsekretär Kevin Kühnert und der Vizepräsidentin des EU-Parlaments Katarina Barley geleiteten Veranstaltung im Willy-Brandt-Haus am 12. Oktober in Berlin wurden als weitere Mitglieder im Vorstand gewählt (v.l.n.r.) Norbert Reitz, Gerhard Lein, David Driese, Dr. Lale Akgün, Dr. Hans-Ulrich Bieler, Rolf Schwanitz, Dr. Sabrina Seidler, sowie (nicht auf dem Foto) Daniela Kolbe und Dr. Maja Lasic.

Wie regeln wir eine Suizidhilfe in Deutschland?

Unter dieser Fragestellung trafen sich auf Einladung des Anfang April vom Parteivorstand der SPD eingesetzten Arbeitskreises „Säkularität und Humanismus“ virtuell zirka 60 Teilnehmer*innen, Bundestagsabgeordnete und weitere Interessierte, um zu den beiden entsprechenden Gesetzentwürfen, die nicht das Strafrecht bemühen, zu diskutieren. Zwischen dem einleitenden Grußwort unseres Generalsekretärs Kevin Kühnert und dem Schlusswort von Katharina Barley (zugeschaltet aus Brüssel) und unter der Leitung von Lale Akgün als Moderatorin kamen die Antragsteller*innen Dr. Nina Scheer (Stormarn) und Helge Lindh (Wuppertal) für die zwei Gesetzentwürfe zu Wort, die sich von dem dritten (Castellucci, Griese u.a.) fundamental unterscheiden, welcher nämlich an der Strafrechtsdrohung aus dem vom Bundesverfassungsgericht im letzten Jahr verworfenen Beschluss zum § 217 StGB anknüpft.

Die Einleitung zum Thema hatte Swen Schulz (ehem. MdB, Berlin), der sehr persönlich einen begleiteten Freitod aus seiner Familie schilderte und dies zum Anlass seiner Bitte nahm, auf die Drohung mit dem Strafrecht tunlichst zu verzichten.

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NRW: Ethik/Religionskunde für alle – Eine Vision gewinnt Kontur

Ein gemeinsamer Ethik-Unterricht für alle Schüler:innen anstelle des Religions-unterrichts ist ja eine alte Forderung der Freidenkerbewegung und der weltlichen Schulbewegung in der SPD. Da der konfessionelle Religionsunterricht nach der NS-Zeit und dem 2. Weltkrieg in der Bundesrepublik ein kraftvolles Revival erlebte, dauerte es jedoch in vielen Bundesländern lange, bis für die „Religions-abmelder“ wenigstens eine Alternative, meistens in Form eines „Ersatzfaches“, etabliert werden konnte. Nur in wenigen Ländern gelang es, begünstigt durch die Bremer Klausel, ein gemeinsames Wertefach einzuführen. Weitergehende Forderungen der Säkularen verhallten bislang, zum Teil auch deshalb, weil man primär religions- und kirchenkritisch argumentierte, die weltanschauliche Gerechtigkeit betonte und erfolglos am „Verfassungszaun rüttelte“.

Nun scheint sich in NRW, traditionell eine Hochburg des bikonfessionellen Systems, vor der Landtagswahl im Mai der Wind zu drehen. Mehrere begün-stigende Faktoren treffen aufeinander: Die Grünen und auch die FDP haben die Forderung nach einem Ethikunterricht für alle im Wahlprogramm. Die SPD zeigt sich mittlerweile dank des Engagements der Säkularen Sozis mindestens aufgeschlossen, das Thema ernsthaft zu diskutieren. Hier überzeugt weniger die alte Freidenkerposition „Religiöse Märchen und Mission haben in der Schule nichts verloren“ als die Einsicht in die bildungspolitische Notwendigkeit, den Spaltungstendenzen in der pluralistischen Gesellschaft entgegenzuarbeiten, indem in einem offenen Werteunterricht miteinander, nicht übereinander geredet wird und eine gemeinsame, auf den Menschenrechten gegründete Wertebasis erarbeitet wird. Selbstverständlich gehören dann dazu auch religiöse ethische Traditionen.

Die Förderung der religiös-kulturellen Identität, vor zehn Jahren noch positiv in der Bildungspolitik diskutiert, wird aufgrund der Auswüchse der Identitäts-politik zunehmend kritisch gesehen – auch wenn die Identitätspolitik namentlich in der Rassismusdebatte nach wie vor merkwürdige „woke“ Blüten treibt.

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Keine Angst vor „dicken Brettern“: Wir netzwerken weiter für säkulare Ziele!

Eine liberale Regelung zur Selbstbestimmung am Lebensende, das Ende der
kirchlichen Staatsleistungen sowie die Abschaffung der kirchlichen
Sonderwege im Arbeitsrecht und bei der Strafverfolgung von
Missbrauchsfällen sind DIE wichtigen Themen für die aktuelle Legislaturperiode des Deutschen Bundestages.

Alles samt Entscheidungen, bei denen eine säkulare Sichtweise unerlässlich ist. Und weil die Hoffnung bekanntlich zuletzt stirbt, setzen wir Säkularen Sozis unsere Kraft dafür ein, dass diese Perspektive, zu der uns das Grundgesetz verpflichtet, innerhalb der Bundesregierung und im Parlament mehr Berücksichtigung findet.

Carmen Wegge, MdB (c) Susi Knoll

Neue Gespräche, die wir mit Abgeordneten der SPD-Fraktion in den vergangenen Wochen führen konnten, lassen uns hoffen. So konnten wir uns z.B. mit Carmen Wegge, Juristin und ehemalige stellv. Vorsitzende der Jusos in Bayern, jetzt Mitglied im Innen- und Rechtsausschuss des Bundestages, über gemeinsame Positionen beim kirchlichen Arbeitsrecht und die Abschaffung von §219 austauschen.

Simona Koß, MdB

Mit Simona Koß, Abgeordnete aus Brandenburg und Mitglied im Innen- und Kulturausschuss, sprachen wir über die verschiedenen Gesetzentwürfe zur Suizidhilfe und ihrem Wunsch nach einer breiten Debatte zu diesem Thema.

Helge Lindh aus Wuppertal, kulturpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion sowie Mitglied in den Ausschüssen für Kultur sowie für Inneres, betreut für die SPD-Fraktion den u.a. von Karl Lauterbach in der vergangenen Legislatur vorgelegten Entwurf zur Suizidhilfe. Er zeigte sich bei einem Treffen dankbar für unsere Unterstützung und neue inhaltliche Impluse. Alle drei Abgeordneten bekundeten zudem Ihr Interesse und Ihre Bereitschaft an zukünftigen Veranstaltungen unseres Netzwerkes teilzunehmen. Wir bleiben dran!

Säkulare (Advents)Botschaft des Zentralrats der Konfessionsfreien

Saekulare Sozis Bundestreffen Berlin 2021-10-30, Philipp Möller Fotografie Evelin Frerk

Brief vom 10. Dezember 2021

Als Vorsitzender und neuer Vorstandssprecher des Zentralrats der Konfessionsfreien können wir eine frohe Botschaft verkünden: Immer mehr Menschen entscheiden sich für ein Leben in Konfessionsfreiheit. Schon heute gehören 41% der Bevölkerung „Deutschlands beliebtester Konfession“ an – also keiner. In absehbarer Zukunft wird diese Gruppe die absolute Mehrheit stellen. Die gesellschaftliche Entwicklung der letzten Jahrzehnte zeigt also langsam aber sehr sicher ihre Wirkung: Je freier die Menschen in der Wahl ihrer Konfession sind, desto mehr wählen die Konfessionsfreiheit. Diese Abstimmung mit den Füßen ist zugleich ein klarer Aufruf an die Politik:

Wer auch in Zukunft von politischer Bedeutung sein will, muss die Interessen der Konfessionsfreien angemessen berücksichtigen. Säkulare Gruppierungen wie eure sind somit ein Teil der Zukunftsversicherung politischer Parteien – umso wichtiger, dass die Relevanz eurer Arbeit innerhalb der SPD erkannt und anerkannt wird.

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94 Prozent Zustimmung für säkularen AK – SPD Parteitag beschließt baldige Gründung

Kevin Kühnert und der Eulen-Infostand (c) FES Schwerin

Der SPD-Parteitag am 11. Dezember 2021 hat bei nur wenigen Gegenstimmen und Enthaltungen mit 94 Prozent und 470 Stimmen als Auftrag an den Vorstand folgenden Antrag beschlossen:

„Der Parteivorstand richtet entsprechend
§ 10 Absatz 2 des Organisationsstatuts einen Arbeitskreis ‚Säkulare Sozialdemo-kratinnen und Sozialdemokraten‘ ein.“

Initiativkreis bereitet Bundes-AK vor

Ein Initiativkreis bestehend aus Mitgliedern des Parteipräsidiums, der Säkularen Sozis und von Humanistischen Verbänden bereitet zur Zeit die Einsetzung eines Bundesarbeitskreises vor, der sich um die Anliegen konfessionsfreier Parteimitglieder kümmern wird. Wörtlich heißt es dazu im Geschäftsbericht des Parteivorstands, der dem Bundesparteitag am Wochenende vorlag:

„Lange schon gibt es informelle Arbeitszusammenhänge, in denen sich Säkulare Sozialdemokrat*innen und Humanist*innen in der SPD austauschen und arbeiten. Den Wunsch, daraus eine Struktur, wie beispielweise einen Arbeitskreis, zu machen, hat das Präsidium aufgegriffen. Auf Bitte des Generalsekretärs gab es einen intensiven Austausch zwischen den Aktiven dieser beiden Gruppen sowie Kevin Kühnert, Klara Geywitz, Dietmar Nietan und Katarina Barley. Die weiteren Schritte wird der neugewählte Parteivorstand gemeinsam mit den Aktiven im Initiativarbeitskreis gehen.“

Für die weitere Arbeit hat sich der Initiativkreis auf zwölf inhaltliche Fragestellungen verständigt, die in einem möglichen Arbeitskreis diskutiert werden und zu denen ggf. positionierende Beiträge/ Empfehlungen erarbeitet werden. Darüber hinaus soll der Arbeitskreis für parteiinterne sowie externe Foren offene Diskussionen anbieten. Eine Zusammenarbeit mit den religiösen Arbeitskreisen in der SPD ist ausdrücklich erwünscht.

Kotau vor den Kirchen – Quo vadis, SPD?

Ein Kommentar von Dr. Sabrina Seidler (NRW) und dem Sprecherkreis der Säkularen Sozis NRW (hpd)

So erfreulich viele Punkte des Koalitionsvertrags für die Genossinnen und Genossen auch sein mögen, so bitter ist manche Pille, die es gleichzeitig zu schlucken gilt: Der Umgang der SPD insbesondere mit dem System des kirchlichen Arbeitsrechts ― auch bekannt als „Dritter Weg“ ― offenbart, welche außerparteilichen Lobbyvertreter und innerparteilichen Kontaktleute sich bei der Formulierung des Koalitionsvertrages durchgesetzt haben.

Die beiden christlichen Kirchen in Deutschland beschäftigen über ihre Wohlfahrtsverbände wie Caritas, Diakonie und ihre Wirtschaftsunternehmen mindestens 1,3 Mio. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in ca. 55.000 Einrichtungen. Damit sind sie nach dem Staat der zweitgrößte Arbeitgeber. Die Finanzierung der meisten Einrichtungen in kirchlicher Trägerschaft (Krankenhäuser, Altenheime) erfolgt dabei zu 100% aus öffentlichen Mitteln, selbst das „Aushängeschild“ Kindergärten wird nur zu einem sehr geringen Teil kirchlich bezuschußt.

In diesen Einrichtungen gilt ein eigenes, kirchliches Arbeitsrecht, was die Angestellten zu Arbeitnehmern minderen Rechts macht. Aus naheliegenden Gründen sollte die Beseitigung dieser Form der Diskriminierung an und für sich ein Herzensthema der SPD sein. So äußert sich auch die Juristin und ehemalige Spitzenpolitikerin der SPD, Ingrid Matthäus-Maier, Sprecherin der 2012 gegründeten Initiative GerDia: „Die offensive Ausgrenzungspolitik kirchlicher Betriebe ist ein Skandal, der nicht weiter hingenommen werden darf.“

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Damit es aufhört! Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs (nicht nur) in den Kirchen

Eine Millionen Kinder und Jugendliche in Deutschland erleben sexuelle
Gewalt bevor sie 18 Jahre alt sind. Das bedeutet in jeder Schulklasse
sitzen ein bis zwei Betroffene. Eine Zahl, die auf den ersten Blick
überrascht, dann ratlos macht, fassungslos, wütend.

Matthias Katsch, selbst Opfer sexuellem Missbrauchs als Schüler des katholischen Canisius-Kollegs Ende der 70er Jahre in Berlin und 2010 Gründer und Sprecher der Betroffeneninitiative „Eckiger Tisch“, hat mit seinem Vortrag zum sexuellen Missbrauch (nicht nur) in den Kirchen auf unserem Bundestreffen in Berlin die Bedeutung und Auswirkungen eines Themas unterstrichen, das in der Öffentlichkeit zwar immer wieder „aufploppt“, aber gerade wenn es um kirchliche Täter geht, weit davon entfernt scheint gänzlich aufgeklärt, juristisch geahndet oder gar gesellschaftlich aufgearbeitet zu werden. Der zweite Skandal, der den Missbrauchsfällen folgt. Bei dem Wort „Aufarbeitung“ denke ich an die NS-Zeit in Deutschland.

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