Integrativer Religionsunterricht: Gemeinsam Lernen, statt getrennt Glauben!

Nicht allein in Rechnungssachen, soll der Mensch sich Mühe machen; Sondern auch der Weisheit Lehren, muß man mit Vergnügen hören. (Wilhelm Busch, Max und Moritz)

Wilhelm Buschs philanthroper Hinweis auf einen lebenskundlichen Unterricht müsste nicht nur Karikatur sein, wenn es nicht der Fall wäre, dass an einer der wichtigsten staatlichen Institutionen, der Schule, die verschiedensten gesellschaftlichen Interessen aufeinander prallen. Einmal sollen die jungen Staatsbürgerinnen wie Staatsbürger faktisches Wissen lernen, aber auch das Können dessen nicht vernachlässigen. Neben Deutsch, Fremdsprachen, Mathematik, Naturwissenschaft und weiteren Fächern, sind es aber vor allem verstärkt Forderungen nach einer ethischen wie ganzheitlichen Bildung, die an die Schule gestellt werden. Gemäß einem „Viel hilft Viel“ wird der fachliche Schulranzen oft mit noch mehr Anforderungen beladen, statt vielleicht auch die pragmatischen Möglichkeiten nüchtern zu diskutieren, wie auch die Frage zu stellen, ob die Interessen der jungen Menschen noch im Vordergrund stehen, oder nicht etwa idealisierte Vorstellungen der Erwachsenen? Dies trifft im Besonderen auf den Religionsunterricht zu, der in den meisten Bundesländern von den Kirchen wie Religionsgemeinschaften bestimmt bis mitbestimmt wird und die Menschen gemäß ihrer Religion oder Weltanschauungen trennt. Begründet wird dies oft mit einer Wichtigkeit lebensweltlicher Erfahrung, die eben den Bereich religiöser Erfahrung nicht ausgrenzen soll und augenscheinlich oft von Vertreterinnen wie Vertretern kirchlicher wie theologischer Institutionen erhoben wird. Egal ob es dabei um pädagogische, kommunikative oder individuelle Aspekte geht, die strukturelle Verknüpfung zwischen einer institutionalisierten Religiosität und einer individuellen Religiosität wird kaum kritisch in Frage gestellt, sondern eher in den Nimbus einer mystifizierten Wertebildung als bleibende Aufgabe von Kirchen/Religionsgemeinschaften und Staat beschrieben.

Dabei geht es in Debatten um den Ethikunterricht oder alternative Fächer oftmals kaum in die Tiefe, denn statt über die Möglichkeiten zu sprechen, was Schülerinnen wie Schülern vermittelt werden kann, werden ideologische Kämpfe ausgefochten. Es überwiegt eine „Ideologie der Anhängerschaft“ statt einer „Pragmatik der Staatsbürgerschaft“, denn oftmals wollen sich Kirchen wie Religionsgemeinschaften den Zugriff auf die welt- wie wertekundliche Bildung sichern, humanistische, agnostische und atheistische Gruppierungen diese Privilegierung bekämpfen und die Politik es möglichst allen recht machen, um das größtmögliche Wählerpotenzial zu bedienen.

In einer säkularen wie religiös vielfältigen Gesellschaft hat der Schulunterricht schließlich eine primär integrative Funktion, die nicht nur Wissensvermittlung bedeuten muss, aber auch die eigenen Grenzen kennen sollte. Würde staatlicher Unterricht tatsächlich dazu führen, dass Menschen die Schule als brave Christinnen, Buddhistinnen, Hindus, Moslems, Atheisten oder Humanisten verließen, hätten die theokratischen wie totalitären Regime schon längst ihre „Ideologie der Anhängerschaft“ über Generationen hinweg verwirklicht. Dabei wäre hingegen eine Konzentration auf Grundfragen hilfreich, die sich auf einen neutralen, staatlichen Bildungsauftrag konzentrieren, statt schon per insitutionellem Status Vorschusslorbeeren an Kirchen wie Religionsgemeinschaften zu vergeben, oder religiöse wie kulturelle Bildung nur noch unter ökonomischen Gesichtspunkten zu betrachten. „Integrativer Religionsunterricht: Gemeinsam Lernen, statt getrennt Glauben!“ weiterlesen

Islamverbände und Religionsunterricht: Was bedeutet das Urteil des OVG Münster vom 9. November?

Eine Analyse von Dr. Lale Akgün

Am 9. November 2017 hat das Oberverwaltungsgericht Münster entschieden:

Der Zentralrat der Muslime in Deutschland e.V. und der Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland e.V. haben in Nordrhein-Westfalen keinen Anspruch auf allgemeine Einführung islamischen Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen. Aktenzeichen: 19 A 997/02 (I. Instanz: VG Düsseldorf 1 K 10519/98)

Vordergründig erstrebten die beiden Verbände die Einführung eines islamischen Bekenntnisunterrichtes für muslimische Kinder anstelle des jetzigen Beiratsmodells, bei dem die Hälfte der Mitglieder des Beirates von den islamischen Verbänden gestellt werden und die andere Hälfte vom Schulministerium berufen wird. Sie wollten einen Bekenntnisunterricht, der dem Grundgesetzartikel 7.3 entspricht. Es ging um den Satz „Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt.“

Um dieses Recht in Anspruch zu nehmen, müssten die islamischen Verbände, in diesem Fall der Zentralrat der Muslime und der Islamrat, als Religionsgemeinschaften anerkannt werden. Die Erfüllung dieses seit Jahren gehegten Wunsches hat ihnen das OVG Münster nun versagt. Die Verbände sind keine Religionsgemeinschaften im Sinne des Grundgesetzes, daher können sie diesbezüglich etwa den Kirchen nicht gleichgestellt werden. Das Urteil ist also für die klagenden Islamverbände eine Ohrfeige. Und es hat ihnen nicht genutzt, dass sie sich immer wieder selbst als „Religionsgemeinschaft“ bezeichnet haben und dies auch weiterhin tun.

Nach meiner Einschätzung ist es ein gutes und richtiges Urteil. Es verhindert, dass die zum Teil theologisch sehr konservativen – bzw. fundamentalistischen – Verbände die Definitionshoheit über den Islam erhalten, der in deutschen Schulen gelehrt und in der Gesellschaft verbreitet wird. „Islamverbände und Religionsunterricht: Was bedeutet das Urteil des OVG Münster vom 9. November?“ weiterlesen

Nachlese des Bundestreffens 2017 in Hannover: Kritisch, objektiv und pluralistisch

Am Samstag den 11. November ab 11 Uhr ging es in den Räumen des HVD Niedersachsen durchaus ernst zu. Das Bundestreffen der Säkularen Sozis setzte ein Zeichen für plurale wie zeitgemäße Religionspolitik. Genossinnen und Genossen aus der ganzen Bundesrepublik waren angereist, um über einen integrativen Religionsunterricht, die weitere Strategie zur Anerkennung auf Bundesebene und die Pläne für das nächste Jahr zu diskutieren. Stellvertretend für unseren Unterstützerkreis fand sich Lale Akgün aus Köln ein, die sich dafür aussprach verstärkt in der Partei zu werben, um weitere Menschen für unsere Sache zu gewinnen. Gäste der Säkularen Grünen aus Niedersachsen und von der Humanistischen Union waren ebenso anwesend.

Säkulare versammelt

Die Religionswissenschaftlerin Wanda Alberts von der Leibniz Universität Hannover referierte über „Integrative Religionskunde – Europäische Perspektiven und deutsche Probleme“. Ihre Grundfrage lautete: „Wie lernt man in verschiedenen Kontexten in Europa etwas über unterschiedliche Religionen und Weltanschauungen?“ Als Vertreterin einer Disziplin, die Religonen in ihrer Vielfalt wie vergleichend zu erkunden trachtet, konnte sie schnell auf drei vorherrschende Modelle von Religionsunterricht zu sprechen kommen: Integrativer Religionsunterricht, separativer Religionsunterricht und lerndimensionaler Religionsunterricht. Mittels integrativen Formaten wird versucht in einem eigenen Schulfach Wissenswertes über alle Religionen, Kulturen und ethischen Lebensweisen zu vermitteln. Die in Europa wie Deutschland vorherrschenden separativen Formate hingegen, trennen in Konfessionen und alternative Fächer, wie beispielsweise Ethik. Lerndimensionale Ansätze finden sich im laizistischen Frankreich sowie den Niederlanden, wo versucht wird Inhalte über Religionen in bestehenden Schulfächern zu thematisieren. „Nachlese des Bundestreffens 2017 in Hannover: Kritisch, objektiv und pluralistisch“ weiterlesen

Bericht des Vernetzungstreffens in Hamburg: Der Norden formiert sich

Auf Einladung von unseren Bundessprechern Ulla Wolfram und Gerhard Lein (beide Hamburg) und dem Landtagsabgeordneten Tobias von Pein (Schleswig-Holstein) trafen sich Säkulare Sozis aus dem Norden am 4. Oktober in Hamburg. Themen des Tages waren unter anderem die Vorbereitung des Bundestreffens, eine Beschäftigung mit integrativem Religionsunterricht und das gescheiterte Vorhaben eines Gottesbezuges in der Landesverfassung Schleswig-Holsteins.

Ulla Wolfram stellte die Arbeit des bundesweiten Sprecherkreises vor, in dem sie und Gerhard Lein für den Norden tätig sind. Ein personeller Kontakt für Schleswig-Holstein (SH) wurde angeregt. Hier erklärte John-Hendrik Paulsen aus Handewitt (bei Flensburg) seine Bereitschaft. Des weiteren stellte Ulla die Bemühungen um Unterstützer-Persönlichkeiten für die neugestaltete Homepage der SäkuS vor, für die aus Hamburg Hildegard Jürgens und Dr. Christel Oldenburg gewonnen werden konnten. „Bericht des Vernetzungstreffens in Hamburg: Der Norden formiert sich“ weiterlesen

Humanisten treffen Politiker: Trennung von Staat und Kirche – Raus aus dem Mittelalter!

Auf Einladung der Humanisten Tübingen referierte Nils Opitz-Leifheit am 17. September über die Trennung von Staat und Kirche. Wo überall sie nicht vorhanden ist, warum in diesem Bereich selbst das Grundgesetz gern mal ignoriert wird, und was man alles ändern sollte.

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Newsletter Sachsen: Gründung des ifw und Antwort des MDR-Rundfunkrates

Newsletter 06/2017                                                                                            28.09.2017        ­

Liebe Genossinnen und Genossen,

liebe Unterstützer,

die Bundestagswahl liegt mit ihrem verheerenden Ergebnis für unser Land hinter uns. Darüber wird an anderer Stelle zu diskutieren sein. Wir wollen Euch hier über zwei Dinge kurz informieren:

Die humanistisch und säkular orientierten Teile in Deutschland haben nun auch eine juristische Stärkung erhalten. Vor wenigen Wochen wurde dazu das Institut für Weltanschauungsrecht (ifw) gegründet. Das Institut wird sich verstärkt der Trennung von Staat und Religion sowie der Entwicklung eines modernen, dem verfassungsrechtlichen Trennungsgebot entsprechenden Weltanschauungsrechts in Deutschland widmen.

Außerdem soll es auch Rat und Hilfe in einschlägigen rechtlichen Auseinandersetzungen bieten. Dafür stehen dem Institut eine Reihe von juristischen Beratern und Experten zur Verfügung. Flankiert wird das ifw durch einen Beirat, in dem auch ich selbst beteiligt bin. Das ifw ist online unter diesem Link erreichbar. „Newsletter Sachsen: Gründung des ifw und Antwort des MDR-Rundfunkrates“ weiterlesen

Der Religionslobbyist vor dem Bundestag – frei nach Erasmus von Rotterdam

Einleitung: Der papst- und kirchenkritische Theologe wie Humanist, Erasmus von Rotterdam (1466/69-1536), verfasste neben dem „Lob der Torheit“(1511) und anderen Werken, auch eine Satire auf den Papst Julius II: Papst Julius vor der Himmelstür. Dieser galt als besonders weltlicher und kriegerischer Papst, welcher den Bau des Petersdoms initiierte und zahlreiche Kriege gegen Frankreich, Venedig und andere Stadtstaaten führte. Erasmus Desiderius aka Erasmus von Rotterdam nahm antike satirische Dialoge zum Vorbild und ließ den politisch umtriebigen und von eigenen Interessen geleiteten Papst vor der Himmelstür ausharren, denn Petrus öffnete diesem gierigen Machtpolitiker nicht die Pforten. Vorstellungen einer reinen, idealisierten christlichen Religion wie des Papsttums, treffen auf eine Kirche, die politische Organisation wie Herrschaft ins Zentrum ihres Handelns rückt. In der neuen Ausgabe von Werner von Koppenfels (2011) wird nicht nur die Urheberschaft gemäß der internationalen Forschung betont, sondern ebenso die scharfsinnige Religions- und Herrschaftskritik hervorgehoben.

In der folgenden Satire dient Papst Julius als Vorlage für einen eher modernen Typus von naivem Religionslobbyisten, welcher vergeblich Einlass in den Bundestag oder eben ein Parlament einfordert, weil er vorgibt, die Interessen von Religion zu vertreten. Dabei geht es dieser Art von Religionspolitik weniger um Religionsfreiheit, Gleichberechtigung und einen neutralen Staat, sondern politischen Lobbyismus und eigene Vorteile. Säkulare Religions- und Weltanschauungspolitik sieht anders aus, und wird durch eine engagierte Pförtnerin zur Sprache gebracht sowie durch einen kommentierenden Zeitgeist unterstützt.

 

Religionslobbyist: Warum schwingen denn die Türen hier nicht auf? Ist die Elektronik kaputt?

Zeitgeist: Schau doch lieber mal nach, ob du den richtigen Lobbyausweis dabeihast. Allein mit Geld oder guten Worten kommst du hier nicht weiter. Wie wäre es mit guten Argumenten, statt Scheinheiligkeit?

Religionslobbyist: Mir wird es zu bunt! Es rührt sich nichts! Macht die Pförtnerin gerade Pause? Ist wohl in der Gewerkschaft, wie? Jedenfalls kann ich mir für die Wartezeit vor dem hohen Haus nichts kaufen und die, die ich meine zu vertreten, auch nicht.

Zeitgeist: Wie er immer alle Welt in seinen Interessen misst! „Der Religionslobbyist vor dem Bundestag – frei nach Erasmus von Rotterdam“ weiterlesen

Zum Abschlussbericht der Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche – Domspatzen Regensburg

Erklärung des Bundesprecherinnenkreises

Gewalt und sexueller Missbrauch sind durch keine religiösen oder weltanschaulichen Ideologien zu rechtfertigen. Das Leiden Einzelner aufgrund der Interessen von Organisationen zu ignorieren, oder mit Verweis auf historisch akzeptierte Praktiken, wie Gewalt als Mittel von Pädagogik, zu relativieren, führt in gelebten Zynismus.

Die Missbrauchsfälle im Bistum Regensburg im Besonderen, aber auch der kath. Kirche im Allgemeinen, die als religiöse Institution in vielen Bereichen staatlich subventioniert und finanziert wird, verlangen nach einem Höchstmaß an kritischer Aufklärung. Den Betroffenen gilt unser Mitgefühl, unsere Anerkennung und all jenen, die zur Aufdeckung personeller wie struktureller Missstände beitragen, unser Respekt!

Es ist vor allem einzelnen Engagierten und Laienorganisationen wie „Wir sind Kirche“ zu verdanken, dass die Kultur des Wegschauens und Schweigens innerhalb der katholischen Amtskirche durchbrochen wurde. Sie hatte schon 2002 das „Wir-sind-Kirche-Not-Telefon“ eingerichtet und sich für „Opferschutz statt Täterschutz“ stark gemacht. Als säkulare Sozis begrüßen wir die kritischen Anliegen der Laienorganisationen und erhoffen uns mehr Transparenz und Demokratie innerhalb einer organisierten Religionsgemeinschaft, die noch stark von hierarchischem Denken und fehlenden demokratischen Strukturen geprägt ist.

Zum Abschlussbericht („Hinsehen. Zuhören. Antworten“) halten wir fest:

  1. Der Abschlussbericht ist ein Fortschritt, mehr aber auch nicht. Gerade die selbstherrlichen und arroganten Reaktionen von Kardinal Müller und vom Ex-Domkapellmeister Ratzinger zeigen, dass die kath. Kirche die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals alles andere als bewältigt hat. Die Kirche steht noch immer vor einer internen Realitäts- und Erkenntnisverweigerung, die nicht überwunden ist. Die kath. Kirche darf ihre Bemühungen um Aufklärung deshalb nicht beenden. Sie muss sie vielmehr intensivieren und auf die wirklichen Ursachenkomplexe erweitern.
  2. Der Aufarbeitungswille der kath. Kirche wird daran gemessen werden, ob sie auch bereit ist, strukturelle Übel, die Gewalt und sexuellen Missbrauch begünstigt haben, zu verändern. Hierzu gehört auch eine unvoreingenommene Prüfung der Frage, in wieweit der für kath. Priester geltende Zölibat und die in der kath. Kirche fehlenden demokratischen Grundstrukturen mitverantwortlich waren für die Häufung von Missbrauchsfällen gegenüber anvertrauten Kindern.
  3. Der Bericht offenbart auch in erheblichem Maße gesellschaftspolitische Mängel:

Zum einen haben staatliche Stellen zu oft und zu lange weggeschaut gegenüber dem, was sich in nichtstaatlichen Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen vollzieht. Das galt ganz offensichtlich bei kirchlichen Schulträgern ganz besonders. Gerade ideologiegeprägte Schulen müssen aber in besonderer Art und Weise im Blick der zuständigen staatlichen Stellen stehen. Das gilt umso mehr, wenn die vom privaten Schulträger präferierte Ideologie (Weltanschauung oder Religion) eine angeborene Schuld der Menschen und damit auch die Schuldhaftigkeit der ihnen anvertrauten Kinder lehrt (Erbsünde).

Zum anderen bleibt es ein gesellschaftspolitischer Skandal, dass nahezu alle kirchlichen Täter ohne Strafverfolgung davongekommen sind. Unter dem Dach der katholischen Kirche hat sich jahrzehntelang faktisch ein rechtsfreier Raum entwickelt, der selbst schwerste Straftaten – den sexuellen Missbrauch an Kindern – begünstigte und diese Straftaten ungesühnt gelassen hat. Für diese Parallelgesellschaft des Schweigens sind viele Menschen und Institutionen verantwortlich. Auch der Staat hat hier eine Mitverantwortung.

Die Kirchen haben diese Kultur der Abschottung und des Schweigens nicht zuletzt über ein vermeintliches Selbstbestimmungsrecht eingefordert und gerechtfertigt. Der Staat hat dies unkritisch geduldet und akzeptiert. Deshalb sollte dieser Abschlussbericht auch ein Anlass dazu sein, das veraltete Religions- und Weltanschauungsrecht in Deutschland zu reformieren.

Bundessprecherinnenkreis der Säkularen Sozialdemokraten

Säkulare in Zahlen: „Nons“ in 112 Ländern zweitstärkste Kraft

Eine vom PEW-Research-Zentrum veröffentlichte Studie zeigt, dass der Anteil an den „Nons“ weltweit steigt. Es sind bereit 16% dieser Gruppe zuzurechnen und in fast der Hälfte aller Länder der Welt, sind sie schon zweitstärkste Kraft(„Unaffiliated“, in 112 Ländern). Die „Nons“ sind atheistische, agnostische, konfessionsfreie und gemischte Orientierungen. Eben jene, die sich keiner oder nicht genau einer der veranschlagten Religionen zurechnen lassen. Sie als „Säkulare“ zu bezeichnen wäre unscharf, weil in politischer Hinsicht als solche sicher noch Menschen aus dem liberalreligiösen und reformreligiösen Spektrum gezählt werden müssen. Allerdings dürften sich alle der genannten Orientierungen mit säkularen Prinzipien von Gesellschaften weitestgehend einverstanden erklären.

In seiner Prognose über die „Zukunft der Weltreligionen“ geht das PEW-Research-Zentrum allerdings davon aus, dass von 2010 bis 2050 die Gruppe der „Nons“ wieder auf einen Wert von 13% sinken wird. Dies wird auf den statistisch bedeutenden Anstieg der muslimischen Bevölkerung bezogen. In Europa soll der Anteil von Mulsimen schließlich bei 10% liegen. Christliche und hinduistische Anteile würden weltweit ebenfalls zunehmen, während buddhistische abnehmen. Im Ergebnis würden christliche und islamische Orientierungen 2050 bei weltweit um die 30% bis 31% liegen und sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefern.

All diese Zahlenspiele basieren jedoch auf statistisch gefassten Kategorien, die sich vor allem an der Fertilität und den Geburtenraten orientieren.

Over that same period, Muslims – a comparatively youthful population with high fertility rates – are projected to increase by 73%. The number of Christians also is projected to rise, but more slowly, at about the same rate (35%) as the global population overall.

Es sollte kritisch hinterfragt werden, inwieweit religiöse Identität an der biologischen Herkunft festzumachen ist und ob Vielfalt wie Veränderung von dieser Statistik gar nicht erst erfasst werden. Wird Mensch als Muslim geboren? Einmal Christ, immer Christ? Können sich Säkulare nicht auch wieder fundamentalen religiösen Bewegungen anschließen? Alle Zahlen sind, was in den letzten Jahren Umfragen und Wahlprognosen gezeigt haben, mit Vorsicht zu genießen.

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Änderungsvorschläge zum SPD-Wahlprogramm 2017

An die Delegierten zum Außerordentlichen SPD-Bundesparteitag 2017

Liebe Genossinnen und Genossen,

der SPD-Parteivorstand hat vor wenigen Tagen den Entwurf für das Regierungsprogramm der SPD zur Bundestagswahl 2017 beschlossen. Leider ist dieser Programmentwurf an vielen Stellen von einer Zurücksetzung nichtchristlicher Weltanschauungen geprägt. Dies ist nicht nur falsch, sondern auch verletzend für Millionen von Menschen, die sich als Konfessionsfreie, als Atheisten, als Agnostiker oder als nichtchristliche Gläubige in unserem Land engagieren und von der SPD ebenfalls angesprochen werden müssen. Aus diesem Grund unterbreiten wir Euch hier Änderungsvorschläge, um die wichtigsten Formulierungen in ihrer Einseitigkeit zu korrigieren. Wir bitten Euch herzlich darum, diese Vorschläge zu prüfen, sie in die Programmdebatte einzubringen und das SPD-Regierungsprogramm entsprechend zu ändern.

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