Tanzsegen für alle? Giordano-Bruno-Stiftung will Tanzverbot an Karfreitag bundesweit umgehen

Deutschlandweit gibt es in den Feiertagsgesetzen der Bundesländer verankerte Tanzverbote, die auch heute noch von Politiker*innen mit dem Schutz religiöser Gefühle begründete werden. Die Verbote reichen von 63 Tagen pro Jahr in Hessen, über 9 in Bayern, Rheinland-Pfalz und dem Saarland, bis hin zu 3 Tagen in Berlin und Bremen. Überall in der Bundesrepublik herrschen am Karfreitag, Totensonntag und dem Volkstrauertag Vergnügungsverbote, die unter anderem die Durchführung öffentlicher Tanzveranstaltungen untersagen.

Im Jahr 2016 erstritt der Bund für Geistesfreiheit München (bfg) vor dem Bundesverfassungsgericht ein Urteil, dass Tanzveranstaltungen am Karfreitag erlaubt, sofern der Tanz „Ausdruck eines weltanschaulichen Bekenntnisses“ ist. Auf Grundlage dieses Urteils haben der bfg München und die Giordano-Bruno-Stiftung 2017 eine „zünftige Karfreitagssause“ veranstaltet. In diesem Jahr erweitern sie das Angebot und erteilen allen Veranstaltern in Deutschland den „humanistischen Tanzsegen“, sofern sie die Anforderungen einer „Heidenspaß-Party“ erfüllen.

Voraussetzung für die kostenfreie und unbürokratische Erteilung der „humanistischen Tanzlizenz an Karfreitag“ ist, dass die Tanzveranstaltung offiziell als „Heidenspaß-Party“ ausgewiesen wird. Außerdem sollten die Besucherinnen und Besucher vor dem Betreten des Veranstaltungsortes durch ihre Unterschrift auf der Eintrittskarte bestätigen,

  1. a) dass sie einer humanistischen Weltanschauung folgen,
  2. b) weder an Götter noch an Elfen, Kobolde oder Dämonen glauben und
  3. c) dass jede noch so kleine rhythmische Zuckung ihres Körpers auf der Heidenspaß-Party Ausdruck dieses weltanschaulichen Bekenntnisses ist.

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Reformationstag ohne Alternative? Von Romantisierungen und fehlender Vielfalt

Geht es um einen „Feiertag für alle“ ist in Schleswig-Holstein und Hamburg die Sache entschieden. Der Kieler Landtag hat, mit wenigen Enthaltungen, beschlossen, dass der 31. Oktober als Reformationstag künftig Feiertag ist. Als einziger Abgeordneter der SPD-Fraktion hat sich Tobias von Pein der Stimme enthalten (s.u.), um auf die kritische Einordnung der Reformation, jenseits ihrer Romantisierung, hinzuweisen. Statt eines stark religiös konnotierten Feiertags, plädierte er für einen „weltlichen Feiertag“, der auch eine entsprechende Vermittlung in die Gesamtgesellschaft ermöglicht hätte.

Als säkularer Sozialdemokrat hätte ich einen weltlichen Feiertag für zeitgemäßer und in diesem Haus auch mehrheitsfähig gehalten!

Der Tag der Landesverfassung oder Tag des Kieler Matrosenaufstandes wären eindeutig bessere Alternativen gewesen.

In Hamburg ist es den religionslobbyistischen Kreisen gelungen eine Mehrheit von 66 Abgeordneten zu organisieren, indem der „Tag der Reformation“ als quasi-säkulares historisches Ereignis gedeutet wird. Museen sollen an diesem „Reformationstag für alle“ kostenfrei zu besuchen sein und ein interreligiöses Feiern wird angestrebt. Eine historisch sicherlich nicht völlig falsche Einordnung, die jedoch mögliche säkulare Entwicklungen, mit wie durch und gegen die Reformation, gleich einem schmückend‘ Beiwerk zur Kenntnis nimmt. Immerhin ist es gelungen Widerstand sowie kritische Stimmen zu organisieren, wie SPD und Grünen-Abgeordnete, die für den internationalen Frauentag am 8. März plädierten, die Linke, die den 8. Mai als Tag der Befreiung feiern wollte sowie andere, die den 23. Mai als Tag des Grundgesetzes bevorzugten. Die FDP und sogar der katholische Erzbischof Hamburgs, Stefan Heße, wunderten sich sehr über die fehlende kritische Debatte.

„Ich respektiere natürlich die Entscheidung des Parlaments, einen evangelisch-lutherischen Feiertag besonders zu schützen. Nach wie vor bin ich jedoch sehr irritiert darüber, dass gerade im politischen Raum offensichtlich keine Zeit war, um sich mit den unterschiedlichen Ansichten zu diesem Thema auseinanderzusetzen und eine breite gesellschaftliche Diskussion herbeizuführen.“ (Stefan Heße)

Damit ist die Diskussion im Norden jedoch nicht abgeschlossen, denn in Niedersachsen wird voraussichtlich im April entschieden und die Präsidentin des Hannover Landtags, Gabriele Andretta (SPD), wirbt für den 8. März und damit den Internationalen Frauentag als Alternative zum 31. Oktober. Abgeordnete aus ihrer Fraktion sowie der Grünen und der Linken möchten „ein starkes Zeichen für Gleichberechtigung und Solidarität setzen“. „Reformationstag ohne Alternative? Von Romantisierungen und fehlender Vielfalt“ weiterlesen