100 Jahre Trennung Staat und Kirche: Säkulare Sozis zeigen in Berlin Flagge

v.l.: Wolf E. Merk, Uli Bieler, Ulla Wolfram, Gerhard Lein, Gisela Gebauer-Nehring, Klaus Gebauer (c)GLein

Am 23. Oktober nahmen sechs Personen aus dem Netzwerk der Säkularen Sozis, darunter die Sprecherinnen und Sprecher Uli Bieler (Berlin), Gerhard Lein und Ulla Wolfram (beide Hamburg), Gisela und Klaus Gebauer (NRW) sowie Wolf E. Merk vom Säkularen Forum Hamburg an der Veranstaltung „100 Jahre Trennung von Kirche und Staat – Visionen für das nächste Jahrhundert“ teil. Zwar gab es keine offizielle Einladung von Seiten der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES), aber mehrere Redner, wie Jaqueline Neumann und Ralf Schöppner von der Humanistischen Akademie (HA), erwähnten die Säkularen in der SPD.

Ulla Wolfram aus Hamburg fand den Veranstaltungsbesuch bereichernd und für die säkulare politische Arbeit wichtig:

„Für mich hat sich die Tagesreise nach Berlin zur Tagung der  FES und der Kooperation mit der Humanistischen Akademie gelohnt: Das Programm und die Referenten deckten ein breites Spektrum an Themen zu ‚100 Jahre Trennung  von Staat und Kirche in Deutschland – Visionen für das nächste Jahrhundert‘ ab. Komplett ausgespart war allerdings die Ablösung altrechtlicher Staatsleistungen; eine für mich wesentliche Erkenntnis zum Thema, erfuhr ich in Berlin durch die in der DDR aufgewachsenen Dr. Gabriele Schlimper: für die Ostdeutschen Bundesländer trifft die Sachlage 100 Jahre WRV und 70 Jahre GG nicht zu; das sollten wir  thematisieren.“

Dr. Jaqueline Neumann (ifw) (c)GLein

Dr. Jacqueline Neumann vom Institut für Weltanschauungsrecht (ifw) behandelte in ihrem Vortrag das deutsche Religions- und Weltanschauungsrecht und die künftigen Herausforderungen angesichts der religiös-weltanschaulichen Pluralisierung der Gesellschaft.

Erst die vier Grundpfeiler des Weltanschauungsrechts, die Trennung von Staat und Kirche, das Neutralitätsgebot, das Gleichbehandlungsgebot und eine umfassende Weltanschauungsfreiheit ermöglichen eine zukunftsgewandte Rechtspolitik, die im Prinzip nur zwei Optionen im Umgang mit Pluralisierung und Säkularisierung erkennen lässt: 1. Die Ausweitung der bestehenden Religionsprivilegien auf andere Weltanschauungsgemeinschaften oder 2. Den Abbau bestehender kirchlicher Privilegien und eine säkulare Politik, die Gleichbehandlung aller zum Ziel hat. Außerdem verwies sie in ihrer Präsentation auch auf das aktuelle Buch „Säkular.Sozial.Demokratisch„.

Der Politikwissenschaftler Prof. Ulrich Willems von der Uni Münster machte in seinem Vortrag in Bezug auf Neupositionierung der Parteien zum Verhältnis Staat und Religionen/Weltanschauungen klar, dass die CDU derzeit alles beim Alten lassen wolle, die SPD an diesem Thema augenscheinlich „kein Interesse habe“, die Grünen sich auf den Weg gemacht hätten und es bei den Linken noch gäre.

Legende von Bild 2019-10-23 19.02.59a Podium: V. l. Dr. Gabriele Schlimper (Paritätischer Berlin), Rainer Waldukat ([säkularer] Patientenfürsprecher Unfallkrankenhaus Berlin), Dr. Bruno Osuch, HVD Berlin, Arne Lietz (BuVo AKC), Prof. Dr. Ulrich Willems (Uni Münster) (c)GLein
Gerhard Lein aus Hamburg bemerkt hierzu: „Immer deutlicher wird, dass die SPD in Gefahr steht, sich aus der öffentlichen Debatte zu einer zeitgemäßen Religions- und Weltanschauungspolitik bei fortschreitender Säkularität in der Gesellschaft zu verabschieden. Dies war eine Erkenntnis aus der gemeinsamen Veranstaltung von Friedrich-Ebert-Stiftung und Humanistischer Akademie in Berlin am 23. Oktober 2019 in Berlin. Es wird höchste Zeit, dass sich in der SPD eine selbstbewusste säkulare Gruppierung herausbildet und dieses politische Gestaltungs-Feld nicht der Grünen Partei überlässt. Dabei geht es nicht etwa um alte antikonfessionelle oder antireligiöse Reflexe, es geht um die Gestaltung unserer Gesellschaft bei dramatischer Abnahme des ehemaligen Werte-Definitions-Monopls der Kirchen, allenthalben sichtbar an Vertrauensverlust und folgend dem Mitgliederschwund bei den bisherigen großen Kirchen.“